Stell dir die weite Wüstenlandschaft vor, die Stille nur unterbrochen vom Wind und dem scharfen Schrei eines Greifvogels über dir. Das ist nicht nur eine Szene aus einem Film; es ist ein Einblick in das Herz der emiratischen Kultur durch die uralte Praxis der Falknerei, lokal bekannt als Al Qanas oder Bizarah. Mehr als nur ein Sport, ist die Falknerei eine lebendige Verbindung zum Erbe der Beduinen, einer Zeit, in der diese prächtigen Vögel unverzichtbare Partner beim Überleben in der herausfordernden Wüstenlandschaft waren. Historisch halfen Falken bei der Jagd auf lebenswichtige Nahrungsquellen wie die Kragentrappe und den Triel, die für den Lebensunterhalt und die Aufrechterhaltung der Traditionen der Gastfreundschaft entscheidend waren. Heute, obwohl nicht mehr überlebensnotwendig, bleibt die Falknerei ein verehrter traditioneller Sport, der tiefe kulturelle Werte wie Mut, Geduld, Ehre und die einzigartige Kameradschaft zwischen Falkner und Vogel verkörpert. Der verstorbene Sheikh Zayed bin Sultan Al Nahyan, der Gründervater der VAE, war ein leidenschaftlicher Verfechter und setzte sich für die Falknerei als lebenswichtige Verbindung zur Natur und zum Kulturerbe ein. Begleite uns, während wir die Techniken, spannenden Wettbewerbe und entscheidenden Schutzbemühungen erkunden, die dieses von der UNESCO anerkannte Erbe hochleben lassen. Der majestätische Jäger: Symbolik und Arten
Warum Falken? Diese Vögel gebieten Respekt, bewundert für ihre auffallende Schönheit, edle Haltung, unglaubliche Geschwindigkeit und außergewöhnlich scharfe Sehkraft. Ihre Bedeutung ist so tiefgreifend, dass der Falke stolz auf dem Staatswappen der Vereinigten Arabischen Emirate thront, ein mächtiges Symbol für die Stärke und das Erbe der Nation. In den VAE werden traditionell zwei Arten von Falknern bevorzugt. Der Sakerfalke (Falco cherrug), lokal als Saqr oder Hurr (das größere Weibchen) bekannt, ist perfekt an die Jagd in den offenen Wüstenlandschaften angepasst. Dann gibt es den Wanderfalken (Falco peregrinus), oder Shaheen, weltweit bekannt für seine atemberaubende Geschwindigkeit. Interessanterweise bevorzugen Falkner oft die weiblichen Vögel (Al-Hurr bei Sakerfalken, Bahri Shahin bei Wanderfalken), da sie typischerweise größer und stärkere Jäger sind als ihre männlichen Gegenstücke (Garmoush bei Sakerfalken, Shahin Tiba bei Wanderfalken). Obwohl die Tradition stark ist, sieht man in der modernen Falknerei, besonders bei Wettbewerben, zunehmend den Einsatz von leistungsstarken Hybridfalken, wie Gyr-Saker-Kreuzungen, und reinen Gerfalken, die wegen ihrer potenziellen Geschwindigkeit und Stärke geschätzt werden. Die uralte Kunst des Trainings (Bizarah)
Einen Falken zu trainieren, oder Bizarah, ist alles andere als einfach; es ist eine Kunstform, die auf immenser Geduld, Empathie und einer tiefen Verbindung zwischen dem Falkner (Saqqar) und seinem Vogel beruht. Diese einzigartige Bindung, gegründet auf Vertrauen und sanftem Umgang, ist alles. Historisch wurden diese komplexen Fähigkeiten innerhalb von Familien weitergegeben, ein geschätztes Generationenwissen. Heute, während Familientraditionen fortbestehen, spielen auch spezialisierte Institutionen wie die Mohamed bin Zayed Falconry and Desert Physiognomy School eine wichtige Rolle, indem sie formell die Feinheiten des Falkenverhaltens, Trainingsmethoden und die richtige Pflege lehren. In der Vergangenheit fingen Beduinen geschickt Wildfalken, hauptsächlich Saker- und Wanderfalken, während ihrer Migration. Sie nutzten clevere Techniken wie Lockvögel, Netze, die in der Nähe von Wasserquellen versteckt waren, oder versteckten sich sogar in Gruben mit Locktauben. Oft wurden diese Wildvögel 'geliehen' – für eine Saison trainiert und zur Jagd eingesetzt, dann wieder in die Wildnis entlassen, was ein frühes Verständnis für den Naturschutz zeigte. Heute sind die Dinge anders. Aufgrund wichtiger Naturschutzbestimmungen ist der Fang von Wildfalken weitgehend eingeschränkt. Die überwiegende Mehrheit der heute verwendeten Falken stammt aus Nachzuchten spezialisierter Zuchtzentren, eine entscheidende Veränderung zum Schutz der Wildpopulationen. Das Training selbst beginnt normalerweise, wenn der Falke etwa sieben Monate alt ist und kann Wochen oder sogar Monate dauern. Arabische Falkner sind bekannt für ihre bemerkenswert schnellen Trainingsmethoden, die oft durch ständige Nähe erreicht werden – den Vogel tragen, mit ihm sprechen, ihn in der Nähe halten. Der Prozess beginnt mit dem 'Abtragen' (Manning), bei dem der Falke an die menschliche Anwesenheit gewöhnt wird. Ein wichtiges Werkzeug hierbei ist die Burqa, eine weiche Lederhaube, die die Augen des Falken bedeckt. Indem sie die Sicht einschränkt, hilft die Haube, den Vogel ruhig und empfänglich zu halten. Kontrollierte Fütterung wird eingesetzt, um Abhängigkeit aufzubauen und den Falkner mit Belohnung zu assoziieren. Als Nächstes kommt das Training mit dem Federspiel, unter Verwendung der Telwah oder Milwah – einem befiederten Lockvogel, oft aus Kragentrappenflügeln gefertigt, der an einem Seil geschwungen wird. Dies lehrt den Falken, das Federspiel zu jagen, zu stoßen (dramatisch herabzutauchen) und anzugreifen. Wenn der Falke es erfolgreich fängt, belohnt ihn der Falkner mit Futter, was das Verhalten verstärkt und Muskeln aufbaut. Modernes Training beinhaltet manchmal sogar Drohnen oder ferngesteuerte Flugzeuge, um die Fähigkeiten des Falken weiter zu fördern. Das ultimative Ziel ist es, den Falken so zu trainieren, dass er Beute effizient fängt, traditionell ohne sie zu töten, um eine Halaal-Schlachtung zu ermöglichen. Zur unerlässlichen traditionellen Ausrüstung gehören die Burqa (Haube), Manqalah (Schutzhandschuh), Waker (Sitzblock/Reck) und Geschüh (Lederriemen), während moderne Technologie GPS-Tracker zur Sicherheit und Überwachung hinzufügt. Von der Jagd zum Sport: Moderne Falknereiwettbewerbe
Obwohl ihre Wurzeln im Überleben liegen, hat sich die Falknerei in den VAE elegant zu einem prestigeträchtigen und aufregenden modernen Sport entwickelt, der in der gesamten Gesellschaft gefeiert wird. Diese Wettbewerbe, die typischerweise während der kühleren Wintermonate in atemberaubenden Wüstenkulissen stattfinden, sind schillernde Darbietungen von Geschwindigkeit, Agilität und der unglaublichen Bindung zwischen Falkner und Falke. Sie ziehen Teilnehmer und begeisterte Zuschauer aus aller Welt an. Eines der strahlendsten Juwelen im Falknereikalender ist die Fazza-Meisterschaft für Falknerei, die jährlich in Dubais Wüstengebiet Al Ruwayyah stattfindet. Organisiert vom Hamdan Bin Mohammed Heritage Centre (HHC), genießt diese Veranstaltung starke Unterstützung von Dubais Führung, insbesondere von S.H. Sheikh Hamdan bin Mohammed bin Rashid Al Maktoum, Kronprinz von Dubai. Bei der Meisterschaft geht es nicht nur um Prestige; sie lockt mit erheblichen Preisgeldern, wobei in vergangenen Saisons Summen wie 47 Millionen AED ausgeschüttet wurden, was die allerbesten Falkner und ihre wertvollen Vögel anzieht. Ein neuer Pokal mit Preisen im Wert von 2,8 Millionen AED erhöht den Einsatz zusätzlich. Das häufigste Wettbewerbsformat ist das elektrisierende Telwah-Rennen. Hier wird die Zeit der Falken gemessen, während sie eine festgelegte Distanz, normalerweise 400 Meter, direkt auf ihren Falkner zufliegen, der das Federspiel (Telwah) an der Ziellinie schwingt. Geschwindigkeit ist alles, wobei die Siegerzeiten oft bei erstaunlichen 17-18 Sekunden liegen. Präzision wird durch moderne Technologie wie elektronische Zeitmesssysteme und an den Falken angebrachte Smart-Ringe gewährleistet. Um Fairness zu gewährleisten und vielfältige Fähigkeiten zu präsentieren, gibt es bei Wettbewerben zahlreiche Kategorien. Diese umfassen oft Einteilungen nach Besitzern (Scheichs, Öffentlichkeit, Junioren, GCC-Teilnehmer), dem Alter des Falken (Farkh für Vögel unter einem Jahr, Jirnas für ältere Vögel) und der spezifischen Art oder Rasse (Reiner Saker, Reiner Wanderfalke, Reiner Gerfalke, verschiedene Hybriden wie Gyr Shaheen oder Garmousha). Es gibt sogar spannende Kategorien wie RC-Flugzeug-Falknerei, bei der die Ausdauer über längere Distanzen getestet wird. Über Fazza hinaus sind prestigeträchtige Falknereiwettbewerbe auch ein Höhepunkt von Veranstaltungen wie der Abu Dhabi International Hunting and Equestrian Exhibition (ADIHEX). Diese Mischung aus uralter Kunstfertigkeit und modernem Sportspektakel hält die Tradition lebendig. Hüter eines Erbes: Naturschutz und Erhaltung des Kulturerbes
Die VAE feiern die Falknerei nicht nur; sie führen die Welt aktiv beim Schutz sowohl der Falken als auch ihrer natürlichen Umwelt an – ein Engagement, das tief in der Vision des verstorbenen Sheikh Zayed bin Sultan Al Nahyan verwurzelt ist. Er verstand das entscheidende Gleichgewicht, das zwischen der Bewahrung dieser tiefgreifenden kulturellen Tradition und der Gewährleistung ökologischer Verantwortung erforderlich ist. Dieses Engagement setzt sich heute durch zahlreiche bahnbrechende Initiativen fort. Eine Leitinitiative ist das Sheikh Zayed Falkenfreilassungsprogramm (SZFRP), das 1995 gegründet wurde. Dieses Programm rehabilitiert Falken, oft solche, die während der Jagdsaison eingesetzt wurden oder anderweitig Pflege benötigen, und entlässt sie zurück auf ihre natürlichen Migrationsrouten durch Zentralasien und darüber hinaus. Verwaltet von der Umweltagentur – Abu Dhabi (EAD), dem IFHC und dem Abu Dhabi Falkenkrankenhaus (ADFH), hat es bis Mitte 2024 erfolgreich über 2.274 Saker- und Wanderfalken freigelassen. Jeder Vogel durchläuft vor der Freilassung strenge Gesundheitschecks und Rehabilitation, und viele werden mit Satellitensendern ausgestattet, um ihre Reisen und ihr Überleben zu überwachen, was unschätzbare Daten für die Naturschutzwissenschaft liefert. Zentral für diese Bemühungen ist das Abu Dhabi Falkenkrankenhaus (ADFH), die weltweit größte Einrichtung für die Gesundheitsversorgung von Falken, gegründet 1999. Es bietet erstklassige tierärztliche Dienstleistungen, führt wichtige Forschungen durch, betreibt Zuchtprogramme und leistet die wesentliche medizinische Versorgung für das SZFRP. Das ADFH heißt auch Besucher willkommen und klärt die Öffentlichkeit über das Wohlergehen der Falken auf. Neben erstklassiger Gesundheitsversorgung sind Nachzuchtprogramme entscheidend, da sie eine nachhaltige Quelle für Falken für den Sport darstellen und den Druck auf Wildpopulationen reduzieren. Strenge Vorschriften, einschließlich der von den VAE eingeführten Falkenpässe, regeln Handel und Transport, ergänzt durch internationale Kooperationen, wie Projekte zur Minderung von Risiken durch Stromleitungen für Falken in der Mongolei. Der Naturschutz erstreckt sich auch auf die Beutetiere der Falken, insbesondere die Kragentrappe, die aufgrund von Lebensraumverlust und früherem Druck als gefährdet eingestuft ist. Der in Abu Dhabi ansässige Internationale Fonds zur Erhaltung der Kragentrappe (IFHC) leitet weltweite Bemühungen und verwaltet riesige Nachzuchtzentren in den VAE und im Ausland. Seit 1998 hat der IFHC über eine halbe Million nachgezüchtete Kragentrappen in 17 Ländern wieder in die Wildnis entlassen – eine monumentale Anstrengung zur Wiederherstellung der Populationen. Die Einbeziehung von Falknern als Partner war entscheidend für diesen Erfolg. Die Bewahrung des Erbes selbst ist von größter Bedeutung. Der Emirates Falconers' Club (EFC), gegründet 2001, fördert eine nachhaltige und ethische Falknerei, organisiert Veranstaltungen wie die ADIHEX und unterstützt Forschung und Bildung. Die VAE führten auch die erfolgreiche multinationale Bemühung an, die Falknerei in die UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufzunehmen, was ihren globalen kulturellen Wert anerkennt. Die Falknerei bleibt tief im Gefüge des emiratischen Lebens verwoben, präsent in Feierlichkeiten, Kunst und Bildungsprogrammen, und stellt sicher, dass diese uralte Praxis auch zukünftige Generationen inspiriert. Durch Wissenschaft, Regulierung, Zuchtprogramme und Kulturförderung sichern die VAE diese wertvolle Verbindung zu ihrer Vergangenheit und gewährleisten ihren Flug in die Zukunft.